HOFFMANNESKE HEIMSUCHUNGEN

Goethe-Ringvorlesung im WS 2022/23 zum 200. Todesjahr E.T.A. Hoffmanns

Als E.T.A. Hoffmann am 24. Juni 1822 verstirbt, hinterlässt der schon zu Lebzeiten als Schlüsselfigur der Romantik wahrgenommene Autor, Komponist, Künstler und Jurist ein facettenreiches Werk, das neben zahlreichen Erzähltexten auch Zeichnungen, Rezensionen, musikalische Kompositionen und diverse Briefwechsel umfasst. Die Goethe-Ringvorlesung widmet sich diesem Werk im Wintersemester 2022/23 anlässlich des 200. Todesjahres Hoffmanns und der im Deutschen Romantik-Museum gastierenden Wanderausstellung „Unheimlich Fantastisch. E.T.A. Hoffmann 2022“ aus einer disziplinübergreifenden und die Grenzen der Disziplinen konfrontierenden Perspektive. Denn die Einkehr in den romantischen Kosmos E.T.A. Hoffmanns bedeutet nichts weniger (und gleichzeitig weit mehr) als die Heimkehr zu unheimlichen Gästen, unheimatlichen Geheimnissen und einer lausigen Schönheit, die Haimatochare heißt (vgl. Hoffmanns kolonialkritische Erzählung Haimatochare aus dem Jahr 1819). Der Besuch in Hoffmanns fantastischen Welten gleicht einer Heimsuchung, die das Überleben und die Weiterverarbeitung hoffmannesker Ästhetiken und Denkfiguren bis in die Gegenwart ebenso vor Augen führt wie Hoffmanns individuelle, historisch situierte Auseinandersetzung mit den offenen Fragen der Aufklärung, den Umbrüchen an der Schwelle zur Moderne sowie dem Zusammenspiel der Künste und der Wissenschaften.

Die in den Vorlesungen angebahnte (Wieder-)Begegnung mit Hoffmann, seinen Doppelgängern und multiplen Grenzgängen und Grenzgänger:innen ist dabei auch als eine produktive Herausforderung der Disziplinen zu verstehen, die sich mit Hoffmann beschäftigen. Weil sein Werk die Grenzen von Kunst, Literatur, Musik und Juristik traversiert, werden auch die Grenzlinien der jeweiligen Disziplinbereiche von Hoffmanns Virtuosität heimgesucht und auf den Prüfstand gestellt. Die Ringvorlesung spürt diesen Dimensionen der Hoffmannesken Heimsuchungen nach und fragt dabei nicht nur, wie Hoffmanns Werk die Geschichte der Künste beeinflusst hat und auch weiterhin ästhetisch, motivisch usw. heimsucht, sondern auch, wie Hoffmanns Werk die Grenzen der Disziplinen selbst befragt und zu Grenzüberschreitungen auffordert.

Die Vorträge finden Montags, 18 bis 20 Uhr (c.t.), an der Goethe-Universität Frankfurt (Campus Westend, Hörsaalzentrum, HS 6) statt.

Organisation: Prof. Dr. Frederike Middelhoff, Dr. Nathan Taylor (Institut für deutsche Literatur und Ihre Didaktik), mit freundlicher Unterstützung des Forschungszentrums Historische Geisteswissenschaften

PROGRAMM

17.10.2022       

Claudia Liebrand (Köln): Figurationen des Ungeheuren. Menschen, Tiere, Automaten in Texten E.T.A. Hoffmanns

24.10.2022       

Nicholas von Passavant (Zürich): Zur Frage der Judenfeindlichkeit bei E.T.A. Hoffmann

07.11.2022        entfällt

31.10.2022       

Leif Weatherby (New York): Hoffmann’s Medium

14.11.2022       

Stefan Willer (Berlin): Doppelerscheinung. Über das (musikalisch) Unheimliche in E.T.A. Hoffmanns Die Fermate

21.11.2022      

Immanuel Ott (Mainz): Sehnsucht, Grundbass, Automaten. Zur Musikvorstellung und den Kompositionen E.T.A. Hoffmanns

28.11.2022       

Maximilian Bergengruen (Würzburg): Der Teufel im Detail der Vererbung: E.T.A. Hoffmanns Ignaz Denner

05.12.2022       

Thomas Wortmann (Mannheim): Inbesitznahmen. Zur Überblendung von Liebes- und Kolonialdiskurs in E.T.A. Hoffmanns Haimatochare

12.12.2022       

Ricarda Schmidt (Exeter): Heimsuchungen und Heimfindungen. Narrative Funktionen und diskursive Kontexte von Traumdarstellungen bei E.T.A. Hoffmann

19.12.2022       

Iris Schäfer (Frankfurt): Aus Wunsch und Wahn geformte Traumwelten. Zur Ambivalenz des Träumens in Hoffmanns Kunstmärchen

09.01.2023       

Roland Borgards (Frankfurt): „Über die Geisteskraft eines winzigen, sonst verachteten Tierchens“. Der Tierseelenstreit in E.T.A. Hoffmanns Meister Floh

16.01.2023       

Bettina Brandl-Risi (Erlangen-Nürnberg): Verhandlungen von Bildlichkeit in E.T.A. Hoffmanns Texten

23.01.2023       

Dorothea von Mücke (New York): Das Fräulein von Scuderi

30.01.2023       

Christine Lubkoll (Erlangen-Nürnberg): ‚Heim-Suchung‘. Atlantis als romantischer Sehnsuchtsort und dämonische Bedrohung in E.T.A. Hoffmanns Der goldene Topf