WORKSHOP

                                               

Anlässlich der Jubiläumsausstellung ‚Ich liebe deine Liebe‘. Der Briefwechsel zwischen Friedrich von Hardenberg (Novalis) und Friedrich Schlegel (Konzeption der Ausstellung: Prof. Dr. Johannes Endres (UC Riverside, US); Prof. Dr. Nicholas Saul (Durham University, UK)

Konzeption des Workshops: Frederike Middelhoff (GU Frankfurt) 

Die Korrespondenz mit (Kunst- und Literatur-)Kolleginnen, Freundinnen, weiblichen Bekannten, Verlobten, Verehrten und Verehrerinnen war für den Austausch und die Entwicklung der Freundschaft zwischen Friedrich Schlegel und Friedrich v. Hardenberg nichts weniger als konstitutiv. Ein kollaboratives Schreiben wie dasjenige von F. Schlegel und Dorothea Veit ist dabei nur eine Ausprägung der Brief-Gespräche und Brief-Verflechtungen zwischen Schlegel, Hardenberg und den Frauen: Jeanette Danscour, Friederike von Mandelsloh, Caroline von Kühn und Sophie von Kühn beispielsweise schrieben ihre Briefe an Hardenberg zum Teil ‚vierstimmig‘; an Caroline Just schickte F. v. Hardenberg im April 1796 einen poetischen Antwort-brief im Kreuzreimschema; und F. Schlegel sendete Rahel Levin brieflich verbürgte Spottverse auf Friedrich Schiller. Darüber hinaus lässt sich F. Schlegels und F. v. Hardenbergs Korrespondenzen mit Frauen auch gemeinschaftsstiftendes und erkenntnistheoretisches Potential zusprechen. Mithilfe des Briefwechsels, den F. v. Hardenberg z.B. mit Caroline Schlegel pflegte, konnte Ersterer sich nicht nur über die sozialen Abläufe und kulturellen Kontexte in Jena auf dem Laufenden halten. Vielmehr entwickelte F. v. Hardenberg im Brief-Gespräch mit C. Schlegel auch spezifische Ansichten über Philosophie, (Sym-)Physik, (männliche und weibliche) Politik, poetische Kreativität oder F. Schlegels Lucinde-Roman. Die Briefe-Gespräche zwischen F. Schlegel, F. v. Hardenberg und den Frauen umkreisen dabei auch immer wieder Fragen zu Geschlechterkonzepten und Geschlechtererwartungen sowie zu Formen zwischen- und gleich-geschlechtlicher Beziehungen. Doch Liebe, Ehe und Freundschaft, Geselligkeit und Geschlechterfragen sind nur ein Ausschnitt aus den Themenkomplexen, die F. Schlegel und F. v. Harden-berg mit weiblichen Korrespondentinnen erörterten und im gesamten Verlauf ihrer gemeinsamen Freundschaft von 1793 bis 1801 entfalteten.

Der Workshop geht den themenspezifischen und formästhetischen Besonderheiten der Briefwechsel F. Schlegels und F. v. Hardenbergs mit Adressatinnen und weiblichen Schreibenden nach. Grundlegend ist dabei nicht nur ein vergleichendes Interesse, im Rahmen dessen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Briefwechsel zwischen F. Schlegel und F. v. Hardenberg einerseits, zwischen F. Schlegels und F. v. Hardenbergs Korrespondenzen mit Kolleginnen, Freundinnen, weiblichen Bekannten usw. andererseits ausgelotet werden sollen. Der Workshop fragt vielmehr auch nach den eigenen Stimmen, individuellen Perspektiven, epistolaren Praktiken, Themenspektren und ästhetischen Strategien der Korrespondentinnen, die den Briefdialog und dessen idiosynkratische Qualitäten entscheidend mitprägten. F. Schlegel und F. v. Hardenberg waren mit namhaften Akteurinnen der romantischen Zirkel, aber auch mit heute eher un-bekannten, wenngleich für die individuelle künstlerische und intellektuelle Entwicklung der Freunde zentralen Frauen im brieflichen Austausch: Sophie Mereau, Caroline Humboldt, Charlotte Schiller, Rahel Levin, Caroline Schlegel und Dorothea Veit sind dabei nur die prominentesten Namen.

Der Workshop findet in zwei Tageseinheiten am 30.6. und 1.7.2022 statt. Das Programm sieht einen Wechsel von konzentrierten Input- und Diskussionsformaten vor, wobei vorab gelesene Briefe und Briefwechsel die Grundlage des gemeinsamen Austauschs bilden. Die Programmeinheiten setzen an der Struktur der Jubiläumsausstellung in sechs „Fortsetzungen“ an und erweitern diese dialogische Schlegel-Hardenberg-Anlage mit ausgewählten Frauen-Briefwechseln und Fragen zu Geschlechterrollen und romantischen Briefnetzkonstellationen. Neben stilistischen, poetischen und epistolar-epistemologischen Fragestellungen soll zudem auch anhand ausgewählter Briefmanuskripte, die im Freien Deutschen Hochstift archiviert werden (z.B. zwischen Novalis und Wilhelmine von Thümmel oder Sophie von Kühn), die Materialität der Briefe und Schreibwerkzeuge zum Gegenstand der Diskussion werden.

PROGRAMM

30.06.2022

09:00–09:15 // Deutsches Romantik-Museum (Großer Hirschgraben 21, 60311 Frankfurt am Main)

Frederike Middelhoff (Frankfurt am Main): Begrüßung

09:15–09:45

Johannes Endres (Riverside, CA) / Nicholas Saul (Durham): „Ich liebe Deine Liebe“. Der Briefwechsel zwischen Friedrich Schlegel und Friedrich von Hardenberg (Novalis)

09:45–10:45

Alexander Knopf (Kopenhagen): Am Rande des Gesprächs. Stiluntersuchungen der epistolaren Kommunikation im Schlegel-Kreis (Friedrich Schlegel, Caroline Schlegel, Novalis, Dorothea Veit)

10:45–11:15 Pause

11:15–12:15

Jennifer Clare (Hildesheim): Die Briefe zwischen Caroline Schlegel, Friedrich Schlegel und Friedrich von Hardenberg als conviviographische Ereignisse und Dokumente

12:15–13:30 Mittagspause

13:30–15:30

Luisa Banki (Wuppertal): „Mit Ihrem Antheil und Urtheil“ – Friedrich Schlegel an Caroline Schlegel über Form und Funktion weiblicher Kritik

Antonia Villinger (Bamberg): „Große Gemählde aus ganz alter Zeit und von großer Schönheit“. Dorothea Schlegels Briefe aus Italien an Friedrich Schlegel

16:00 Besuch der Novalis/Schlegel-Ausstellung / Führung durch das Romantik-Museum (mit Konrad Heumann)

19:00   Abendessen

Freitag, 01. Juli 2022

09:30–11:30

Cosima Jungk (Mainz): „Fühlen ist gewiß mehr als Sehen“ – Formen der Intimität: Briefe an Karoline Paulus und Rahel Levin

Claudia Bamberg (Trier): Geliebter Bruder – Sohn ohne Grundsätze: Friedrich Schlegel in den Briefen der Schwestern Charlotte und Henriette Ernst sowie der Mutter Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel 

11:30–12:00 Pause

12:00–13:00

Yvonne Al-Taie (Kiel): Unmittelbarkeit. Körperlichkeit, gegenwärtiges Erleben und epistolare Vermittlung in den Briefen des Grüninger Kreises an Novalis

13:00–14:00 Mittagspause

14:00–15:00

Frederike Middelhoff (Frankfurt): „Mein liebstes Mutterchen“. Beziehungsarbeit in Friedrich von Hardenbergs Briefen an die Mutter

Abschlussdiskussion, danach Abreise

Weitere Teilnehmende/Diskutant:innen: Roland Borgards (Frankfurt), Konrad Heumann (Frankfurt), Carola Hilmes (Frankfurt), Cornelia Ilbrig (Hamburg/Frankfurt), Beate Olschewski (Frankfurt), Marion Schmaus (Marburg)

Organisation und Kontakt:

Frederike Middelhoff
Professur (W1) für neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung

Goethe-Universität Frankfurt
Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik
Norbert-Wollheim-Platz 1
Hauspostfach 17
60629 Frankfurt

E-Mail: Middelhoff@em.uni-frankfurt.de